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Klimapolitik: Die Schweiz ringt mit den Prioritäten
Die Klimapolitik zahlt die Kosten der Budgetkürzungen, die Förderung der erneuerbaren Energien bedroht das Beschwerderecht von Organisationen und die Schweiz definiert ihre neuen Klimaziele für 2031-2035. Zum Jahresbeginn werfen wir mit euch einen Blick auf einige Ereignisse, die in den letzten Wochen die Klimapolitik geprägt haben.
Sparen beim Klimaschutz: Eine kurzfristige Sichtweise
In unserem letzten politischen Beitrag berichteten wir über die vom Bundesrat angekündigten Budgetkürzungen, die das finanzielle Gleichgewicht der Schweiz in den kommenden Jahren sichern sollen. Während die Vernehmlassungen zu diesen Sparmassnahmen Ende Januar begonnen haben und 2027 in Kraft treten sollen, hat das Parlament bereits beschlossen, gewisse Massnahmen im Budget 2025 zu verankern welches anlässlich der Wintersession im Dezember diskutiert wurde.
Diese Einsparungen im Bereich Klimaschutz hemmen nicht nur die Umsetzung neuer Klimagesetze, sondern zeugen ebenfalls von einer kurzfristigen Denkweise. Das Klimaschutzgesetz welches im Juni 2023 von mehr als 60% der Schweizer Bevölkerung angenommen wurde, ist beispielsweise durch die Kürzung der Mittel für den Austausch von Heizungen und Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz direkt betroffen. Die Umweltallianz betont jedoch: «Jede im Jahr 2025 statt im Jahre 2035 ersetzte Öl-, Gas- oder Elektroheizung wirkt 10 Jahre früher, verbessert unsere CO2-Bilanz und stärkt die Winterstromversorgung.» Heutige Einsparungen im Klimaschutz verursachen also langfristig zusätzliche Kosten und irreparable Schäden für das Klima, die Umwelt und natürlich die Berge.
Ausbau erneuerbaren Energien: Das Beschwerderecht der Verbände bleibt essenziell
Mit der klaren Annahme des Stromgesetzes im Juni 2024 sagte die Schweizer Bevölkerung auch Ja zu 16 Wasserkraftprojekten deren Bau nun als prioritär eingestuft wird. Während der Abstimmungskampagne hatte der Bundesrat jedoch Garantien für den Umwelt- und Naturschutz festgelegt, darunter auch die Erhaltung des Beschwerderechts für Einzelpersonen und Verbände. Doch kaum sechs Monate später, während der Wintersession des Parlaments, machte der Ständerat dieses Versprechen rückgängig, im Rahmen von Diskussionen über die Vereinfachung von Verfahren, um den Bau neuer Wasser-, Wind- und Solarkraftwerke zu fördern.
Während die Notwendigkeit, die Entwicklung erneuerbarer Energien in der Schweiz zu beschleunigen, unbestritten ist, bleibt das Beschwerderecht von Organisationen dennoch ein wesentlicher Grundsatz des Umweltschutzes. Dieses Recht ermöglicht es Umweltorganisationen, wenn nötig die Einhaltung der Gesetze bei grossen Bauprojekten gerichtlich überprüfen zu lassen, selbst wenn die Projekte zuvor demokratisch angenommen wurden. Die jahrelange Praxis zeigt auch, dass dieses Instrument zurückhaltend eingesetzt wird, und dass in den Fällen, in denen eine Umweltorganisation Recht erhält, die Tendenz nicht ist, das Projekt aufzugeben, sondern eher es zu verbessern.
Neue Klimaziele: Die Schweiz tut immer noch zu wenig
Die Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens haben bis Februar 2025 Zeit, der UNO ihre Klimaziele für 2031-2035 mitzuteilen. Im Fachjargon handelt es sich dabei um die sogenannten nationally determined contributions oder NDCs die alle 5 Jahre erneuert werden. Da die neuen Ziele dabei jeweils ambitionierter sein müssen als die vorherigen, plant die Schweiz, ihre Treibhausgasemissionen bis 2035 um mindestens 65% gegenüber dem Stand von 1990 zu senken, und zwar durch Massnahmen die vorrangig im Inland umgesetzt werden. Auf den ersten Blick scheinen die neuen Ziele zwar mit den Empfehlungen des International Panel on Climate Change (IPCC) übereinzustimmen, sie berücksichtigen jedoch nicht die privilegierte Position der Schweiz, welche auch eine erhöhte Verantwortung mit sich bringt, insbesondere gegenüber den Ländern des Südens. Ausserdem legt die Strategie des Bundesrats für 2031-2035 keine klare Grenze für die Kompensationen im Ausland fest. Derzeit erfolgt die Reduktion der Treibhausgasemissionen der Schweiz zu mehr als einem Drittel durch Klimaschutzprojekte im Ausland.
Mehrere klimapolitische Gesetze und Verordnungen sind am 1. Januar 2025 in Kraft getreten. Damit ist das Netto-Null-Ziel fast zehn Jahre nach der Unterzeichnung des Pariser Abkommens endlich schwarz auf weiss im Schweizer Gesetz verankert. Dennoch drängt die Zeit, und die Schweizer Politik kann es sich nicht leisten, sich auf ihren bisherigen Erfolgen auszuruhen. Während 2024 inzwischen als das heisseste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen gilt, ist die Schweiz im Climate Change Performance Index (CCPI), der die Leistungen der einzelnen Staaten im Bereich des Klimaschutzes bewertet, um 12 Plätze abgerutscht. So liegt die Schweiz nun im Mittelfeld hinter Frankreich, Nigeria und Brasilien - ein mittelmässiges Ergebnis welches vor allem auf den Rückstand beim Ausbau erneuerbarer Energien sowie den mangelnden Ehrgeiz in der Klimapolitik zurückzuführen ist.
Quellen
https://umweltallianz.ch/fr/points-de-vue/
https://www.wwf.ch/fr/stories/comment-le-conseil-federal-prevoit-de-sacrifier-lenvironnement
https://www.woz.ch/2450/umweltpolitik/rettet-die-verbands-beschwerde/!Z4QFC8GKKFFF
https://www.republik.ch/2024/12/19/die-schweiz-gibt-sich-neue-klimagesetze-was-taugen-sie
https://www.srf.ch/news/schweiz/klima-ranking-der-laender-ein-maessig-bis-schlecht-fuer-die-schweiz
https://www.admin.ch/gov/fr/accueil/documentation/communiques.msg-id-103949.html
https://www.letemps.ch/suisse/la-nouvelle-strategie-climatique-suisse-ne-convainc-pas-les-militants
Bild: Jon Guler