Generationen vereint: Die Älteren geben Hoffnung für das Klima

Generationen vereint: Die Älteren geben Hoffnung für das Klima

Erschienen am: 07.05.2024

Anfang April wurde Geschichte im Kampf für Klimagerechtigkeit geschrieben.

Autor:in: Team POW

Was war passiert?

Die Schweizer Klimaseniorinnen feierten am 9. April einen Riesenerfolg vor dem Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), mit der ersten Klimaklage auf europäischer Ebene überhaupt. Der EGMR stellte fest, dass die Schweiz ihren Verpflichtungen zur Eindämmung des Klimawandels nicht ausreichend nachgekommen ist.

Die Schweiz hat mit ungenügenden Massnahmen gegen den Klimawandel die Menschenrechte verletzt. Die älteren Frauen wurden in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben beeinträchtigt. Darüber hinaus wurde ihnen durch die unangemessene Ablehnung ihrer Klage in Schweizer Gerichten ein faires Verfahren verwehrt. Dieses Urteil schafft einen Präzedenzfall von weitreichender Bedeutung für alle 46 Mitgliedsstaaten des Europarats und darüber hinaus. Das gibt, in einer Zeit von Negativ-Schlagzeilen, Hoffnung für den Klimaschutz.

Warum Hoffnung haben in der Klimakrise?

Die Klimakrise ist aktueller, und bedrohlicher denn je. Ein Jahr ist heisser als das andere und auch 2024 sorgt wieder für Rekorde. Das bringt einen oftmals in Zweifel, ob wir den Klimawandel überhaupt in den Griff bekommen können, denn vieles geht zu langsam. Was aber in der Debatte oft übersehen wird, ist wie viel eigentlich in den letzten Jahren ins Rollen gekommen ist. Die CO2-Emissionen könnten global bald sinken[1] und erreichen in Ländern wie Deutschland[2] den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Veränderungen brauchen Zeit, aber viele einst undenkbare Entwicklungen sind bereits Realität geworden. Erneuerbare Energien sind mittlerweile so kostengünstig, dass fossile Brennstoffe schon bald nicht mehr rentabel sind.

Zusätzlich dazu sind viele Gemeinschaften bereits aktiv im Kampf für den Klimaschutz, haben Organisationen ins Leben gerufen (wie auch POW) und sind in der Lage, bedeutende Veränderungen herbeizuführen. Die vielen Klima-Bewegungen haben auch einen grossen politischen Einfluss gehabt. Es entstanden einige klimaschützende Regulierungen. In der Schweiz beispielsweise führte die Gletscher-Initiative zum Klimaschutzgesetz, welches im Juni 2023 von der Schweizer Bevölkerung angenommen wurde, auf EU-Ebene das Lieferkettengesetz.

Das ist noch lange nicht genug um die Klimakrise zu lösen, zeigt aber es dürfte in die richtige Richtung gehen. Auch juristische Erfolge, wie jenes der Klimaseniorinnen, sind nicht zu unterschätzen. Das Urteil des EGMR ist von besonderer Bedeutung, da es ein Wegweiser für zukünftige gerichtliche Entscheidungen in Klimaangelegenheiten bietet.

Was können „Klima-Urteile“ bewirken?

Das Urteil des EGMR ist rechtlich bindend, die Schweiz muss sich daran orientieren und Massnahmen ergreifen um die Situation zu verbessern und Emissionen schneller zu senken. Das klingt gut, heisst aber noch nicht, dass dies eintritt. Der EGMR hat nämlich keine Sanktionsmöglichkeiten. Der Fall zeigt aber gleichzeitig auf, dass es für Unternehmen und Länder ein Risiko ist nicht genug für den Klimaschutz zu unternehmen, weil sonst Klagen von der Bevölkerung wahrscheinlicher werden. So ein Urteil hat das Potential eine enorme Signalwirkung zu haben.

Ein jüngerer Fall in den Niederlanden hat gezeigt, dass ein gerichtliches Urteil durchaus positive Auswirkungen haben kann. 2019 zogen Klimaschützer:innen der Umwelt-Stiftung Urgenda vor Gericht und gewannen in einem ähnlichen Fall. Die Niederlande tat zu wenig gegen den Klimawandel und wurde verpflichtet den CO2-Ausstoß deutlich zu senken.

Das Urteil hatte Folgen. Es wurde der Ausstieg aus Kohle bis 2030 beschlossen und infolgedessen massiv in erneuerbare Energien investiert. Auch ein Tempolimit von 100 km/h auf den Autobahnen wurde eingeführt (Zur Info: Ein Pkw, der 100 statt 130 Stundenkilometer fährt, verbraucht rund ein Viertel weniger Sprit, womit auch ein Viertel weniger CO2 ausgestossen wird. Zudem werden halb so viele Stickoxide emittiert). Eine damals noch eher unbeliebte Massnahme, fand sie bald darauf Anklang. So befürworteten nur 46 Prozent der Niederländer:innen Tempo 100 vor der Einführung, während sich zwei Jahre nach der Einführung 60 Prozent sogar für eine Reduktion auf 90 Stundenkilometer aussprachen.

Das zeigt Zustimmung braucht Zeit, der Druck und die Zustimmung der Bevölkerung in Sachen Klimaschutz wird aber immer stärker. Die Klimaseniorinnen haben mit ihrem Fall gezeigt, wie eine zunächst kleine Bewegung Grosses erreichen kann. Das gibt Hoffnung!

 


[1] https://www.tagesanzeiger.ch/co2-und-klima-sinken-die-globalen-emissionen-im-naechsten-jahr-663139864666

[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/treibhausgase-co2-deutschland-agora-energiewende-studie-1.6328138

Image © Miriam Künzli / Greenpeace